Squads, Guilds, Chapters und Co: Arbeiten mit dem Spotify Modell

7. Dezember 2022

Zeiten ändern sich und Zeiten ändern auch dich. Und irgendwie ändert man selbst ja auch die Zeiten, weil man Einfluss auf das Geschehen hat. Spotify hat das schnell verstanden und in ihren Arbeitsalltag integriert. Wir stellen vor: Das Spotify Modell!

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Squads, Guilds, Chapters und Co - Das Spotify Modell
Quelle: spotify.com / Titelbild: Photo by S. H. Gue on Unsplash

Jedenfalls scheinen die Zeiten vorbei, in denen irgendein Vorstand, versteckt hinter dicken Zimmerwänden, rein zahlenbasiert irgendwelche Entscheidungen trifft, die dann, wie eine Lawine von oben herab, durch den Betrieb rollen. Sicher, sowas sieht und hört man auch heute noch immer wieder. Und, um ganz ehrlich zu sein, uns persönlich schüttelt es bei der Vorstellung auf diese Weise zu arbeiten. So bleibt viel zu viel Fachwissen ungenutzt und die Motivation des Teams wird von den herabstürzenden Schneemassen einfach unter sich begraben. Besonders flexibel ist diese Arbeitsweise ebenfalls nicht. Oft wird fürs ganze Jahr oder zumindest quartalsweise geplant. Passiert irgendetwas Unvorhergesehenes (Shitstorm, ick hör Dir trapsen!), worauf man möglichst schnell reagieren sollte, müssen erstmal mühsam die internen Mühlen in Gang gesetzt werden. Gibt es einen sinnvollen Trend, auf den das Unternehmen reagieren sollte? Tja, schade! Leider hat das starre System eine richtig schöne Aktion, die dem Team bestimmt auch jede Menge Spaß gemacht hätte, die Geschichte bereits im Keim erstickt, weil der oder die Bereichsleiter, bzw. Bereichsleiterin gerade im Urlaub ist. Blöd und unflexibel.

Das Spotify Modell zeigt, wie es besser geht

Ja, genau die Jungs und Mädels aus Schweden mit dem Musik-Streaming. Die setzen seit ihrer Gründung auf eine Kombination verschiedener sog. Agile-Methoden, aus dem ein eigenes Organisationsmodell gewachsen ist. Dieses Modell trägt inzwischen sogar den Namen Spotify-Modell, nicht nur, weil es so anders, sondern vor allem auch, weil es so erfolgreich war. Immerhin trägt man nicht einfach so einen Umsatz von über 3 Milliarden Euro (2021) zusammen, wenn die zugrundeliegende Struktur nichts taugt, oder?

Dementsprechend ist Spotify in agilen Strukturen organisiert, die sich gegenseitig wechselwirkend anregen: Squads (Truppen, oft auch Task Forces genannt), Tribes (Stämme), Chapters (Orden) und Guilds (Gilden). Klingt super fancy und aufgesetzt, allerdings steckt mehr dahinter als lediglich neue Buzzwords für alte Ideen.

Organisation mit Spotify Modell
Photo by Per Lööv on Unsplash

Spotify Squads

Squads sind das Rückgrat des Spotify Modells und sind selbstorganisierend. Wenn man sich ein Squad wie ein Mini-Startup vorstellt, wird es deutlich: Jedes Squad ist ein multidisziplinäres Team, dessen Fachwissen und Kompetenzen für die Entwicklung eines Produktes oder Dienstleistung benötigt werden. Jedes Squad hat eine eigene langfristige Mission.

Da Squads selbstorganisierend sind, gibt es keine Teamleitung. Es gibt lediglich einen sog. Product Owner, der/die die vom Team zu erledigenden Arbeiten priorisiert. Wie genau man arbeitet und sich organisiert, bleibt jedem Squad selbst überlassen.

Der strategische Kurs des Unternehmens zeigt sich anhand der Roadmap, die von Product Ownern verschiedener Squads zusammen erarbeitet werden. Aus dieser Roadmap leitet sich dann der Product Backlog für das Team ab.

Sind mehrere Squads mit dem gleichen Produkt beschäftigt, sind sie oft von der Arbeit von anderen Squads abhängig. Um das nicht außer Acht zu lassen und allen Squads einen möglichst reibungslosen Arbeitsablauf zu ermöglichen, werden übergreifende Squad Meetings abgehalten, bei denen jedes Team von einem Mitglied vertreten wird, damit diese sich untereinander abstimmen können.

Das Spotify Modell Tribes, Chapters und Squads

Darüber hinaus steht jedem Squad auch ein Agile Coach zur Seite. Dieser hat quasi den Weg vor Augen, den das Team begeht und hilft dabei, etwaige Hindernisse zu erkennen und zu beseitigen. Auch die Workflows stehen unter der Schirmherrschaft der Agile Coaches, denn ihre Aufgabe ist ebenfalls, Hilfestellung für die Verbesserung von Arbeitsweisen zu leisten. Retrospektiven und Sprint Planning Meetings stammen ebenfalls vom Agile Coach.

Photo by Austin Distel on Unsplash

Spotify Tribes

Die Tribes bestehen aus Gruppen von Squads, die am gleichen Produkt oder der gleichen Dienstleistung bzw. miteinander in Verbindung stehenden Produkten oder Dienstleistungen arbeiten.

Wenn Squads wie eigenständige Mini-Startups fungieren, kann man Tribes am besten als Inkubatoren sehen, die aus mehreren Mini-Startups bestehen. Ziel der Tribes ist es für die Squads optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das klingt direkt nach ziemlich vielen Beteiligten. Tatsächlich sind Tribes selten größer als 100 Personen.

Damit in diesem Wust an Menschen nicht der Überblick verlorengeht, werden regelmäßige Meetings abgehalten, bei denen die Tribe Teams ihre Arbeit präsentieren und alle abholen.

Spotify Chapters

Alle Teammitglieder innerhalb eines Unternehmens, die dasselbe Fachwissen teilen, sind auf unterschiedliche Squads verteilt. Damit diese Squadmitglieder untereinander fachsimpeln und sich austauschen können, kommen die Chapters und Guilds zum Einsatz, denn in ihnen kommenden diese Menschen zusammen.

Chapters bestehen dabei aus den Mitgliedern eines Tribes, die die gleiche Expertise vorweisen können. So könnte ein Chapter beispielswese aus Grafikern bestehen. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen tauschen Chapter unter der Leitung der Chapter-Führung miteinander aus. Auch wenn es in ihren Bereichen neue Herausforderungen gibt, ist das ein Job für das Chapter.

Doch die Leitung ist nicht nur dafür zuständig: Sie sollen Teammitglieder in ihrer Entwicklung begleiten, ihnen dabei helfen ein angemessenes Gehalt zu bestimmen und sie beim Erlernen neuer Fähigkeiten und Kompetenzen unterstützen.

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Spotify Guilds

Ähnlich wie schon bei den Tribes handelt es sich bei den Guilds ebenfalls um Gruppen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mit gleichem Fachwissen, bzw. Interessen. Allerdings beschränken sich Guilds nicht auf einzelne Tribes, sondern beziehen die ganze Organisation mit ein. Die Guilds organisieren in regelmäßigen Abständen Koordinator-Treffen, bei denen alle mit demselben fachlichen Hintergrund zusammenkommen, um Erfahrungen und Wissen auszutauschen, um die Organisation als Ganzes zu entwickeln.

Bei Spotify gibnt es einen sogenannten System Owner. Diese Person trägt die Verantwortung für die Gesamtheit eines bestimmten (Teil-)Produkts, an dem mehrere Teams arbeiten. Ein System Owner hat bspw. den Hut auf, wenn es darum geht, dass Spotify auf einem oder mehreren Betriebssystemen problemlos läuft. Übergeordnet steht der oder die Chief Architect. Dieses Team-Mitglied wacht mit Argusaugen über die gesamte Architektur.

Photo by Redd F on Unsplash

Das Spotify Modell ist schön und gut – aber: warum?

Wir leben in verrückten Zeiten mit immer größeren Anforderungen, auf die man am besten immer noch ein bisschen schneller reagieren sollte. Genau hier punktet das Modell von Spotify: Durch die Struktur mit Squads können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unterschiedlichem Fachwissen zusammenarbeiten und das Produkt oder die Dienstleistung selbständig und agil vorantreiben. Auf der anderen Seite bestärkt das Spotify-Modell ebenfalls den Austausch von Ideen von Mitarbeitenden mit gleichem fachlichen Hintergrundwissen (Chapters und Guilds). So können sich diese Teammitglieder auf ihren Fachgebieten stetig weiterentwickeln.

Wie ist das denn bei euch? Uns interessieren Eure Erfahrungen mit Organisationsstrukturen. Habt ihr schon mal mit dem Spotify-Modell gearbeitet?